Eine Gesellschaft im Wandel
Der Faschismus
Zwischen 1923 und 1927 wurden die ladinischen Täler nach dem Prinzip des "divide et impera" aufgeteilt: Cortina d'Ampezzo und Buchenstein werden der Provinz Belluno angegliedert, das Gadertal und Gröden der Provinz Bozen und das Fassatal der Provinz Trient. Die einheimische Bevölkerung wurde aus dem öffentlichen Leben ausgeschlossen. Der aufkommende Faschismus wollte die Südtiroler Identität auslöschen, das Ladinische wurde als italienischer Dialekt betrachtet. In dieser Zeit setzte die faschistische Regierung die Italianisierung der deutschen und ladinischen Familiennamen um, und zwar nach dem eigens dafür von Ettore Tolomei erstellten Verzeichnis.
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Das Entweder Oder: die Option
Nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich (1938) bestätigten Hitler und Mussolini den Brenner als offizielle Grenze. Die Verhandlungen über die Umsiedlung der deutschsprachigen Bevölkerung Südtirols zogen sich über ein Jahr hin, bis zur Übereinkunft der beiden Diktatoren im Juni 1939 in Berlin. Die Südtiroler wurden zur "Option" aufgerufen, also sich zwischen der deutschen und der italienischen Staatsbürgerschaft zu entscheiden:
[...] sie müssen sich eindeutig und unwiderruflich, nach freiem Gewissen entscheiden, ob sie Italiener bleiben [...] oder nach persönlichem Gefühl deutsche Staatsbürger werden wollen und in der Folge nach Deutschland auswandern, wo sie alle vereint volle moralische Anerkennung und würdige und vorteilhafte finanzielle Unterstützung erhalten werden.
Im Widerspruch zu den Theorien von Ettore Tolomei, wonach das Ladinische ein italienischer Dialekt sei, wurden auch die Ladiner in das Abkommen eingeschlossen, nicht jedoch das Fassatal. Dennoch sind rund 300 Fassaner als Optanten für das Reich registriert worden. Durch den Ausbruch des Zweiten Weltkrieges und den Zusammenbruch der Diktaturen kam der Exodus zum Stillstand.
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Der Zweite Weltkrieg
Als die Nationalsozialisten Südtirol besetzten, befand sich Europa bereits seit 4 Jahren im Krieg. Nach dem Waffenstillstand zwischen Italien und den Alliierten am 8. September 1943 besetzten die Deutschen die Provinzen Bozen, Trient und Belluno. Hitler beendete die Umsiedlung der Südtiroler und bezeichnete das besetzte Gebiet zwischen Kufstein und Ala als "Operationszone Alpenvorland". Während der nationalsozialistischen Besetzung des Landes (September 1943 – Mai 1945) wurden nur Reichs-Optanten in der Zivil- und Militärverwaltung der ladinischen Ortschaften eingesetzt. Der Graben zwischen diesen und den Optanten für die italienische Staatsbürgerschaft ("Dableiber") wurde dadurch weiter aufgerissen. Aus der Italianisierung der ladinischen Täler wurde nun die Germanisierung.
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